Die Zartheit, die das Fleisch vom Kalb so besonders und damit auch so gefragt macht, erklärt sich durch das Alter der Tiere. Da bei Kälbern die Muskeln noch nicht vollständig entwickelt sind und das Bindegewebe noch weich ist, wird das Fleisch sprichwörtlich butterzart. Aufgrund seiner Zusammensetzung – es enthält viel Eiweiss und vergleichsweise wenig Fett – gilt es als ziemlich bekömmlich und mager. Das feinfaserige Fleisch benötigt im Gegensatz zu Rindfleisch eine sehr viel kürzere Reifezeit: Bereits zwei bis drei Tage nach der Schlachtung kann es in der Küche verarbeitet werden. Sein subtiles Aroma kommt beim Braten und Schmoren hervorragend zur Geltung – da das Bindegewebe noch sehr weich ist, sind die Garzeiten eher kurz.
Ein schönes Kalbskotelett mit Knochen wiegt zwischen 350 und 450 g. Für gute Esser ist das kein Problem, aber in der Regel reicht gut ½ Kotelett pro Person.
Viele Stücke eignen sich somit ideal zum Kurzbraten; ein prächtiges Kalbskotelett gilt nach wie vor als Glanzlicht eines fürstlichen Menüs. Doch auch als Schmorgericht geniesst Kalb das höchste Ansehen bei Feinschmeckern – Ossobuco lässt grüssen. Besonders die französische Brasserieküche und die Haute Cuisine haben dessen Innereien seit jeher geschätzt: Kopf, Bries, Nieren und Leber lassen immer noch Gourmets jeglicher Couleur in Verzückung geraten. Am milden Geschmack von Kalbfleisch scheiden sich manchmal die Geister: Was die einen als «fad» empfinden, schätzen andere gerade deswegen, sprich wegen des zurückhaltenden Gouts. Mittlerweile hat man jedoch entdeckt, dass sich auch diese Delikatesse hervorragend für das sogenannte Dry-Aging eignet. Wer also das Glück hat, bei seinem Metzger auf knochengereiftes Kalbfleisch zu stossen, sollte unbedingt zugreifen. Er wird es nicht bereuen.