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Eingeschenkt

Süssweine – Meditationsweine

Früher nannte man sie Dessert- oder auch Aperitif-Weine, heute verdanken wir den Italienern den viel schöneren Namen «Vini da meditazione». Und genau das sind sie!

Man trinkt sie gerne für sich, am Abend, um nachzudenken, zu philosophieren und seiner Seele etwas Gutes zu tun. Aber, der Reihe nach: Süssweine sind süss, manchmal fast honigsüss. Für viele sind sie damit banal, fast vulgär. Trotzdem gehören sie seit alters her zu den teuersten und gesuchtesten Weinen der Welt.

Grundsätzlich kann der Winzer den Zuckergehalt des Weins auf zwei ganz unterschiedlichen Wegen erhöhen: Entweder er konzentriert ihn schon vor der Vergärung in den Beeren so stark, dass der Wein auch nachher noch süss bleibt oder er verstärkt während der Gärung künstlich den Alkohol des Weins und tötet so die Hefen ab. Der Fachmann sagt, er spritet ihn auf. Der fertige Wein ist dann ebenfalls süss.

Den ersten Weg begehen die Winzer in den südlichen, sonnenreichen Ländern, in Süditalien zum Beispiel oder in Griechenland. Sie lassen die Trauben nach der Ernte einfach an der Sonne trocknen und keltern dann die rosinierten Beeren. Im Norden Italiens, wo die Sonne nicht so viel Kraft hat, legen die Winzer die ganzen Trauben auf Matten in den Durchzug, wo sie dann ebenfalls eintrocknen und an Süsse gewinnen. So entsteht beispielsweise der Amarone in der Gegend von Verona. Noch weiter im Norden, wo im Winter die Sonne hinter dichtem Nebel verschwindet, lässt man die Trauben am Stock hängen, bis sie beinhart gefroren sind. Wenn man sie dann auspresst, bleibt das gefrorene Wasser in der Kelter zurück und der gewonnene Saft ist konzentriert, voller Aroma und Süsse. Auf dem Etikett steht dann «Eiswein». Einen ganz anderen Weg, die Süsse zu verdichten, haben die Winzer in Sauternes, in Baden oder in Österreich gefunden. Sie lassen einen Edelpilz auf den Trauben wachsen. Dieser perforiert die Häute, das Wasser kann verdunsten und in der Beere konzentrieren sich wieder Süsse und Aroma. Diese Edelfäule gedeiht aber nur an bestimmten, nebligen und am Nachmittag sonnendurchfluteten Standorten.

Beim zweiten Weg nutzt der Winzer die Tatsache, dass die Vergärung bei einem Alkoholgehalt des Weins von über etwa sechzehn Volumenprozent automatisch aufhört. Er schüttet zu diesem Zweck in den noch gärenden (und damit noch süssen) Wein Branntwein und stoppt damit die Gärung ab. Der Wein bleibt süss und ist alkoholstark. So entstehen der Portwein, der Madeira oder auch der Sherry.