Wir kennen alle die Situation: Das Essen ist fertig, die Gäste sitzen erwartungsfroh und glücklich am Tisch, der Wein ist bereit und war ziemlich teuer, denn es ist ja Festtag. Der Gastgeber (oder die Gastgeberin) setzt den Korkenzieher an und der Korken... bricht ab. Alle werden leicht nervös, denn man befürchtet nicht zu Unrecht, dass der Festtagsbraten kalt wird und austrocknet. Trotzdem, die Gäste geben sich Mühe, gelassen zu wirken... Wann, wenn nicht jetzt, zeigt sich der Hausherr als wahrer Meister: Ein abgebrochener Korken? Das bringt ihn nicht aus der Ruhe.
Wie schafft er das bloss?
Zwei Dinge sind wichtig: Erstens, das abgebrochene Teilstück muss möglichst bröselfrei entfernt werden. Ein kleiner Lappen kann da recht hilfreich sein.
Und zweitens, der im Flaschenhals festsitzende Korkenrest muss irgendwie heraus. Das ist schon schwieriger. Noch nie ist es gelungen, den Korken nochmals gerade zu fassen und wie einen normalen Korken herauszuziehen. Das geht mit Sicherheit schief und der Korken landet im Wein. Man muss im Gegenteil den Korken mit dem Korkenzieher schräg gegen das Glas drücken und ihn mit der Spitze der Spindel ergreifen. Mit etwas Glück hat man so die Chance, ihn zu fassen und ganz langsam und gefühlvoll herauszuziehen. Die Bewunderung der Gäste ist dem Meister dann sicher. Aber, wenn auch das nicht geht, und leider ist das die Regel, dann hilft nur noch brachiale Gewalt: Der im Flaschenhals steckengebliebene Korkrest muss in die Flasche hinuntergedrückt werden. Aber Achtung, auch da ist Gefühl gefragt. Am besten geht es mit einem Löffelstiel. Schön sanft und ohne Hektik nach unten drücken, sonst macht’s plötzlich plumps und der Korken ist zwar drin, aber der «Meister» ist vollgespritzt. Jetzt kann man den Wein in eine Karaffe umgiessen. Wichtig ist dabei, dass der Korken den Eingang nicht mehr versperrt. Der Löffelstiel hält ihn zurück. Und die Korkbrösel? Die werden beim Dekantieren von einem Sieb oder noch besser von einem feinen Tuch aufgefangen. Oft liest man, statt eines Tuches gehe auch ein Kaffeefilter. Ich warne aber davor, denn dann riecht und schmeckt der teure Wein garantiert nach Papier und Karton.
Annemarie Wildeisen: Die Ratschläge in deinem Artikel sind zwar schön und gut, aber Vorbeugen ist doch allemal besser als Heilen. Was kann ich tun, damit es gar nicht erst zu einem Korkenbruch kommt?
Beat Koelliker: Ganz einfach: Man darf den Korken beim Herausziehen nicht biegen, sonst bricht er unweigerlich. Am besten man drückt mit der Hand, die die Flasche hält, gegen den Korkenzieher, und zieht dann den Korken schön gerade heraus. Dann geschieht mit ziemlicher Sicherheit kein Unglück. Viele Korkenzieher sind heute aber zweistufig und da kann bestimmt nichts mehr schiefgehen.
Da hast du zwar recht, aber gerade an den Festtagen kommen doch auch ehrwürdige Flaschen mit alten, durchnässten und extra langen Korken auf den Tisch. Die sind dann schon etwas heikler.
In einem solchen Fall empfehle ich statt eines «normalen» Korkenziehers eine sogenannte Korkenspange. Damit kann man einen Korken sehr gut fassen und einfach herausdrehen. Da passiert dann bestimmt nichts. Übrigens ist eine Korkenspange auch bei einem abgebrochenen Korken meist der beste Helfer in der Not.
Ein Freund von mir hat es sich zur Gewohnheit gemacht, den ersten Schluck Wein aus einer Flasche mit Schwung sich selbst ins eigene Glas einzuschenken. Das sieht etwas egoistisch aus. Ist es trotzdem richtig?
Ja schon, so kommen allfällige Brösel nicht in die Gläser der Gäste, sondern in sein eigenes. Den Gästen kann er dann schön sorgsam und ruhig einschenken.
Korkenbruch ist ja nur ein mögliches Problem. Ich hatte kürzlich eine Flasche, da sass der Korken so fest, dass nach mir auch alle kräftigen Männer am Tisch vergeblich ihre Muskeln einsetzten. Fazit: Die Flasche steht immer noch ungeöffnet bei mir im Esszimmer.
Ich kenne das Problem. Aber da gibt es einen einfachen und sicheren Trick: Man nehme ein sehr heisses Tuch und wickle es um den Flaschenhals. Dort, wo innen der Korken sitzt. Jeder moderne Korken ist von einer Gleitschicht umgeben. Diese wird von der Wärme geschmeidiger und der Korken wird auch selbst etwas elastischer. Als positiver Nebeneffekt der Wärme wird auch der Flaschenhals leicht erweitert. Der Korken hat also mehr Platz.
Ich verzichte bewusst darauf, hier nochmals mein Loblied auf alternative Flaschenverschlüsse zu singen. Aber beim Drehverschluss gibt es alle diese Probleme sicher nicht …